14. Juli 2021

Gerichtsentscheid: Sitzverlegung nach oder während einer geplanten Liquidation oder Mantelhandel

Das Bundesgericht entschied am 20. August im letzten Jahr, dass im Falle eines Verkaufs eines wesentlichen Vermögenswertes bzw. einer faktischen Liquidation eines Unternehmens eine Sitzverlegung in der Schweiz nicht beachtlich ist. Das heisst, steuerrechtlich verbleibt die Besteuerung am alten Hauptsteuerdomizil bzw. Sitz.

Sitzverlegung

Im vorliegenden Fall kam das Bundegericht zum Schluss, dass der Sitz des betroffenen  Kapitalunternehmens (AG) immer noch am alten Hauptsteuerdomizil (im Fall Zürich und nicht der neue Sitzkanton Zug) zugeordnet werden muss, wenn die Liquidation faktisch vor der Sitzverlegung gegeben bzw. sicher gewesen ist. Obwohl das Unternehmen seinen Sitz verlegt hat, war die  Liquidation immer noch dem alten Sitzkanton zugewiesen worden (BGE_2C_522/2019).

Wie definiert sich ein Sitz einer Kapitalgesellschaft (AG) im Steuerrecht?
Juristische Personen begründen ihren Sitz dort, wo sie zugehörig und deshalb unbeschränkt steuerpflichtig sind. Der rechtliche Sitz einer Aktiengesellschaft ergibt sich aus den Statuten im Zeitpunkt der Gründung. Aus steuerlicher Sicht gilt als Sitz jener Ort, wo die Fäden der Geschäftsführung zusammenlaufen. Das bedeutet, an jenem Ort, wo die Geschäftsführung  (Management) die wesentlichen Entscheidungen fällt, ist auch der Sitz und somit begründet dieser Ort das Hauptsteuerdomizil. Sofern keine anderen Betriebsstätten bestehen, sind an diesem Ort die Gewinne und das Kapital zu versteuern. Eine Delegation der Geschäftsführung an einen Dritten sowie Briefkastenadressen in einem anderen Kanton sind durch die Steuerpflichtigen zu beweisen und kaum erbringbar. Es wird auf den tatsächlichen, wirklichen Mittelpunkt der ökonomischen Entscheide  fokussiert.

Der Fall zeigt im Weiteren auf, dass bei einem Verkauf eines wesentlichen oder gar einzigen Vermögenswertes die Liquidation im jenem Kanton zugeordnet wird, wo der Ort der tatsächlichen Verwaltung im Zeitpunkt der Veräusserung besteht.

Was sind die Schlussfolgerungen für die Unternehmenspraxis?
Wenn eine grössere Liquidation (Veräusserung) von Unternehmensteilen oder wesentlichen Vermögenswerten bestehen bzw. geplant werden, so ist der Zeitpunkt des Verkaufs nach einer möglichen Sitzverlegung zu planen. Offensichtlich wird mit diesem Entscheid der Liquidation mit anschliessender Sitzverlegung eine Hürde gelegt, die es zu beachten gilt. Weiter gilt es, eine Sitzverlegung steuerplanerisch umsichtig zu planen und umzusetzen.

Weiter ist auch eine Sitzverlegung in einem liquidationsreifen Zustand (Stichwort Mantelhandel bzw. ein Bilanzbild mit überwiegendem Anteil an flüssigen Mitteln und Vermögenswerten ohne operativen Zweck) in einen steuergünstigen Kanton, um für die Liquidation von tieferen Steuern zu profitieren, erschwert. Eine solche Sitzverlegung sollte vor einer Sitzverlegung mithilfe einer Klärung bzw. eines Steuervorbescheids geklärt werden, da andernfalls eine Doppelbesteuerung in beiden Kantonen droht.

Lesen Sie den ganzen Artikel bequem als PDF-Datei.

Download